Feiertagsstimmung speziell für Motorsport-Fans: Die WEC gastiert an diesem Wochenende in Spa-Francorchamps (Rennstart am Samstag um 13:00 Uhr, ab 17:00 live bei Sport1 im Free-TV). Der belgische Traditionskurs gilt als wichtige Vorbereitung für das nachfolgende Rennen und gleichzeitiges Saisonhighlight im Kalender, die 24 Stunden von Le Mans (15.-16. Juni 2024).

Pünktlich zum Feiertag und dem Aufgalopp der Langstrecken-WM präsentierte sich die 7,004 Kilometer lange Highspeed-Strecke in unüblicher Verfassung: mit Sonnenschein pur und Temperaturen von knapp 20 Grad! An den vorangegangenen Tagen hatte es noch geregnet in den Ardennen und der eine oder andere Teamchef die lange Unterwäsche ausgepackt.

Weniger Reifen-Diskussionen dank Sonnenschein in Spa

Aufgrund der warmen Witterungsbedingungen, die bis zum Renn-Samstag vorhergesagt sind, erspart sich die WEC ähnliche Diskussionen wie im Vorjahr, als die ungeheizten Reifen samt zahlreicher Hypercar-Abflüge im Fokus standen. Beendet ist die Debatte trotzdem nicht. "Outlaps auf kalten Reifen machen keinen Spaß", sagte zum Trainingsauftakt am Donnerstag etwa der zweifache DTM-Champion Marco Wittmann zu Motorsport-Magazin.com. Ferrari-Werksfahrer und Ex-DTM-Pilot Miguel Molina stimmte ein: "Die Diskussion führen wir seit einem Jahr, es bleibt gefährlich!"

Die Teams und Hersteller nutzten die beiden Freien Trainings am Donnerstag (11:30-13:00 Uhr und 17:30 bis 19:00 Uhr) vornehmlich, um Longruns vor dem 6-Stunden-Rennen abzuspulen und die besten Setups zu finden. Reifenlieferant Michelin hat für Spa diesmal die Soft- und Medium-Mischungen im Gepäck und vermutet nicht, dass Fahrer Triple-Stints im Rennen fahren können. Das war vor drei Wochen in Imola noch anders, als unter anderem die Ferrari ihre ersten Stints ausdehnten, um auf möglichen Regen besser reagieren zu können. Das ging bekanntermaßen komplett schief.

Das Qualifying am Freitag (14:45-16:05 Uhr) spielt eine eher untergeordnete Rolle im Vergleich zum eng bemessenen Imola-Kurs: Spa bietet mit seinen langen Geraden zahlreiche gute Überholmöglichkeiten. Die Streckencharakteristik dürfte den Hypercars zugute kommen, die beim Überrunden der langsameren GT3-Autos diesmal weniger Risiko eingehen müssen.

Porsche legt mit Bestzeit am Donnerstag los

Die schnellste Trainings-Zeit am Donnerstag ging auf das Konto des #6 Penske-Porsche (Estre, Lotterer, Laurens Vanthoor). Der Franzose Kevin Estre aus dem Trio der WM-Führenden benötigte in der Nachmittags-Session 2:04.162 Minuten für seine beste Runde. Das waren rund vier Sekunden langsamer als die schnellsten Quali-Zeiten im Vorjahr. "Im Vergleich zum Vorjahr haben wir im Bereich der Dämpfer große Fortschritte erzielt, das zahlt sich hier etwa in Eau Rouge aus", berichtete Monsieur Estre, der sich den Porsche 963 mit Andre Lotterer und Laurens Vanthoor teilt.

In Spa waren die Hypercars auf einer Runde etwa 17 Sekunden schneller unterwegs als die Vertreter der LMGT3-Kategorie. Hier hatte der #78 Akkodis-Lexus (2:21.257 Minuten) die Nase vorne. Am Steuer des japanischen GT3-Autos saß überraschend Clemens Schmid, der erst am Mittwochnachmittag als Ersatzmann für den erkrankten Stammfahrer Timur Boguslavskiy bekanntgegeben worden war und sein WEC-Debüt feiert.

"Das war ein Last-Minute-Call", sagte der Österreicher, der etatmäßig in der DTM für das McLaren-Kundenteam Dörr Motorsport antritt. Akkodis hatte zuvor bereits Stammpilot Kelvin van der Linde ersetzen müssen, der dieses Wochenende beim zeitgleich stattfindenden Formel-E-Event in Berlin für Abt-Cupra startet.

Trainings-Ergebnis: Vier Marken in den Top-4

Bei den Hypercars ging es im 2. Training an der Spitze schon recht eng zu: Hinter dem #6 Porsche reihte sich der #50 Ferrari (Fuoco, Molina, Nielsen) an zweiter Stelle ein. Der Italiener Antonio Fuoco bugsierte das rote Hypercar in 2:04.283 Minuten über den Asphalt und wies einen Rückstand von 0,121 Sekunden auf.

"Unser Auto passt gut zu Highspeed-Strecken, das haben wir schon letztes Jahr gesehen", sagte Fuocos Teamkollege, der Spanier Molina. "Strecken wie Spa oder Le Mans liegen uns wegen der schnellen Kurven und hohen Durchschnittrundenzeiten eher gut. Als Favoriten sehe ich Toyota, Porsche und uns. Aber auch den Cadillac darf man nicht außen vorlassen."

Jener Cadillac mit der Startnummer #2 (Bamber, Lynn) fuhr in den Händen von Alex Lynn die drittschnellste Rundenzeit. Mit einer persönlichen Bestmarke von 2:04.341 Minuten fehlten dem Briten 0,179 Sekunden zur Spitze. Der #7 Toyota GR010 Hybrid (Conway, Kobayashi, de Vries), überraschender Sieger des Imola-Laufs, fuhr auf den vierten Platz in der Zeitenliste. Damit führten Autos von vier der neun Hypercar-Marken das Klassement zum Auftakt des Rennwochenendes an.

Klassengesellschaft im Spa-Training

Auf den Plätzen fünf bis acht folgten der #12 JOTA-Porsche (Stevens, Ilott), die Startnummer #99 von Proton-Porsche (Jani, Andlauer), der #8 Toyota (Buemi, Hartley, Hirakawa) sowie der privat von AF Corse eingesetzte #83 Ferrari 499P (Kubica, Shwartzman, Ye). Die Peugeot-Hypercars (P9 & P13), BMW (P15 & P17), Alpine (P16 & P19) und der einzige Lamborghini SC63 (P11) reihten sich unterdessen auf den hinteren Positionen ein.

Zahlreiche Verstöße gegen die Track Limits und zu schnelles Fahren bei Full-Course-Yellow-Phasen im 1. Training lösten mehrere 5-Minuten-Boxengassen-Strafen für die zweite Session aus. Am härtesten erwischte es den #20 BMW M Hybrid V8 (Sheldon van der Linde, Rast, Frijns), der sogar auf die ersten zehn Minuten des Trainings verzichten musste.